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Der Schlachtmonat gormánuðr und der Winteranfang

Aufgrund des nahezu völligen Fehlens von zeitgenössischen Schriftquellen aus Skandinavien wissen wir nur sehr wenig über die Feste und den Jahresverlauf der Wikinger.

Ein wichtiges Datum, dass sich jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit rekonstruieren lässt, ist der Schlachtmonat am Winteranfang, der von Mitte Oktober bis Mitte November ging.

In den altisländischen Überlieferungen des 12. und 13. Jh. wird dieser Monat gormánuðr (gor bezeichnt un- oder halbverdaute Nahrungsreste in den Innereien der geschlachteten Tiere, mánuðr bedeutet ‚Monat‘) genannt. Mit ihm begann in der Woche vom 11.–18. Oktober das bis Mitte März reichende Winterhalbjahr. Wie der Name andeutet, wurde in diesem Monat für den Winter geschlachtet, eine Tradition, die bis in die heutige Zeit anhält. Mit Sicherheit war auch in der Wikingerzeit der Herbst der wichtigste Zeitpunkt zum Schlachten und es lassen sich viele Parallelen zum gormánuðr bei anderen germanischen Gruppen finden. Daher ist davon auszugehen, dass der gormánuðr viel älter ist als die Überlieferungen des 12./13. Jahrhunderts und bereits in der Wikingerzeit begangen wurde.

Vermutlich werden der Winteranfang und der Beginn des Schlachtens mit einem großen Fest begangen worden sein, ähnlich dem heute noch üblichen Erntedankfest. Man feierte den Sommer, dankte den Göttern für Ernte und Vieh und bereitete sich auf die harte und entbehrungsreiche Zeit der dunklen Wintermonate vor.