Das aktuelle Magazin von 'Zeit Geschichte: Wikinger' widmet sich ausführlich auf über 120 Seiten der Wikingerzeit. Mehr als 20 Beiträge, teilweise verfasst von international renommierten Fachleuten beleuchten unterschiedliche Aspekte dieser Epoche und auch für echte 'Wikinger-Kenner' findet sich noch die ein oder andere neue Information. Ich habe das Heft als Fachberater begleiten dürfen und mich in einem längeren Interview, das den Abschluss des Heftes bildet, mit den Redakteuren über die heutige Faszination für die Wikingerzeit unterhalten.
Schlagwort: Populäre Artikel
Die Wikinger und das Christentum
Echte Wikinger waren Heiden, glaubten an Odin, Thor und die anderen Götter der Edda und lehnten das Christentum ab. Dies ist jedenfalls das Bild, dass uns in den Medien zumeist vermittelt wird. Die historische Realität sah dagegen ganz anders aus. Schon früh kamen die Menschen der skandinavischen Wikingerzeit mit dem christlichen Glauben in Berührung, auf ihren Handelsfahrten in den Süden und Westen oder durch christliche Händler, z. B. in Haithabu. Haithabu nahm bei der Christianisierung der Wikinger auch eine zentrale Rolle ein, denn um das Jahr 850 n. Chr. herum wird dem Mönch Ansgar, dem ‚Apostel des Nordens‘, erlaubt, in Haithabu eine Kirche zu errichten und zu predigen. Etwa einhundert Jahre später wird Haithabu zusammen mit den Siedlungen Ribe und Århus zum Bistum ernannt. Die eindrucksvolle große Bronzeglocke, die 1978 im Hafenbecken von Haithabu gefunden wurde, hängt möglicherweise damit zusammen. Viele Funde aus Haithabu weisen zudem deutlich darauf hin, dass viele Einwohner bereits Christen waren – oder zumindest diesen neuen Gott aus dem Süden, den sie als ‚Weißen Christus‘ bezeichneten, einfach in ihren Götterhimmel integrierten. So betete man nicht nur zu Odin und Thor, sondern auch noch zu Jesus Christus. Der eindrucksvollste Hinweis darauf ist sicherlich eine in Haithabu gefundene Specksteingussform, in der sowohl christliche Kreuze wie auch heidnische Thorshämmer, das Symbol des Donnergottes Thor, gegossen werden konnten. Dieser sogenannte „Synkretismus“, das Vermischen heidnischer und christlicher Glaubensvorstellungen war möglich, weil es keine allgemeingültige, dogmatische heidnische Religion gab, die überall in Skandinavien ausgeübt wurde. Es gab auch kein Buch ähnlich der Bibel, in dem stand, woran man zu glauben hatte. Die berühmte „Edda“ (eigentlich die Eddas, denn es gibt zwei Werke dieses Namens), die faszinierende Sammlung von Mythen über die altnordischen Götter und Helden, wurde erst Jahrhunderte nach der Wikingerzeit niedergeschrieben. So war es möglich, den neuen Gott und einzelne Aspekte des Christentums sukzessive in die heidnischen Glaubensvorstellungen zu integrieren, bis das Christentum gegen Ende der Wikingerzeit das Heidentum weitestgehend abgelöst hatte. Die Wikingerzeit ist daher eine sogenannte „Transitionsphase“, eine Phase des Überganges von den alten heidnischen Glaubensvorstellungen zum Christentum.
Reisen in der Wikingerzeit
Sommerzeit ist Reisezeit. Und wer an abenteuerliche Reisen denkt, denkt bei uns im Norden sicherlich zuerst an Wikinger. Aber wer ging in der Wikingerzeit tatsächlich auf Reisen? Auch wenn die Wikingerzeit für die meisten Menschen wohl hauptsächlich mit den charakteristischen Raubzügen verbunden ist, sind wohl nur die allerwenigsten Menschen im Nordeuropa der Wikingerzeit jemals weiter gereist als bis zum nächsten größeren Marktplatz. Die meisten Menschen blieben als Bauern, Fischer und Handwerker auf ihren Höfen und nur wenige Männer fuhren auf eine Plünder- oder Handelsfahrt, die sie auf teils Jahre andauernden Reisen bis weit in die arabische Welt führen konnte.
Aber es gab in der Wikingerzeit durchaus auch Menschen, die in einem fast schon modernen Sinne auf Reisen gingen. Das berühmteste Beispiel ist sicherlich die Isländerin Gudrid (altnord. Guðríðr Þorbjarnardóttir), die als ‚die Weitgereiste‘ in die Geschichte einging. Den Überlieferungen nach siedelte sie als junges Mädchen nach Grönland über und stach von dort um das Jahr 1010 n. Chr. mit ihrem Ehemann Thorfinn Karlsefni in See, auf der Suche nach dem legendären neuentdeckten Land im Westen: Vínland, die Ostküste Kanadas um Neufundland. Während ihres Aufenthaltes in Vínland soll Gudrid den Quellen zufolge ihren Sohn Snorri geboren haben, der damit der erste in Nordeuropa geborene Europäer wäre. Über Grönland reiste sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn nach Island zurück und lebte viele Jahre mit ihrer Familie auf ihrem Hof bei Glaumbær im Norden Islands. Aber obwohl sie in ihrem Leben sicherlich mehr Zeit an Bord eines Schiffes verbracht und zweimal den Nordatlantik überquert hatte, schien Gudrid auch im höheren Alter ihre Abenteuerlust nicht verloren zu haben. Als ihr Sohn Snorri heiratet, entscheidet sie sich – nun fromme Christin – eine Pilgerreise nach Rom zu unternehmen. Viel ist den Quellen nicht über diese Reise zu entnehmen, aber wir wissen, dass Gudrid wohlbehalten aus Rom nach Island zurückkehrte und die letzten Jahre ihres Lebens als Nonne in der von ihrem Sohn Snorri bei Glaumbær errichteten Kirche verbrachte.
Die Reisen von Gudrid, die sie über 12.000 Kilometer von Island aus bis nach Nordamerika und Italien führten, sind sicherlich einzigartig und vermutlich sind die Überlieferungen auch an einigen Stellen mit der Zeit immer mehr ausgeschmückt worden. Dass lange Pilgerreisen, vor allem von Frauen der höheren sozialen Schichten, gegen Ende der nun zunehmend christlichen Wikingerzeit aber durchaus üblich waren, zeigt auch die Inschrift eines Runensteines aus Uppland in Schweden: „Ingirun, die Tochter Hards, ließ diese Runen ritzen zur Erinnerung an sich selbst. Sie möchte fern nach Osten nach Jerusalem reisen“.
Cannabis in der Wikingerzeit
Seit wenigen Wochen ist der Genuss von Cannabis in Deutschland erlaubt. Wie aber sah es in der Vergangenheit aus? Kannten die Wikinger schon Cannabis und konsumierten sie Drogen?
Das Bild von Cannabis als Droge von Hippies und anderen Gestalten hat sich in unserer Zeit gefestigt, aber auch schon im wikingerzeitlichen Skandinavien kann Cannabis in Form von Pollen, Samen, Früchten und Fasern erkannt werden. Aber wofür haben die Wikinger Cannabis genutzt?
In einigen Gräbern in Skandinavien wurden Textilfragmente aus Hanffasern gefunden, die eine Nutzung der Pflanze zur Herstellung von Kleidungstextilien belegt. Eine Nutzung als Rauschmittel ist dagegen deutlich schwieriger zu erkennen. Ein möglicher Fall ist das berühmte Grab von Oseberg. In dem eindrucksvollen und reich ausgestatteten Schiffsgrab am Oslofjord waren zwei Frauen neben zahlreichen Alltagsgegenständen bestattet. Unter den Beigaben fanden sich auch einige Cannabis-Samen. Aufgrund der besonders auffälligen Bestattungsumstände wurde oftmals vermutet, dass es sich bei zumindest einer der beiden Frauen um eine Zauberin oder Priesterin gehandelt haben könnte. In einem rituellen oder magischen Kontext könnten die Cannabis-Samen als Halluzinogen zur Erzeugung von Trancezuständen verwendet worden sein. Die starke Arthritis der älteren der beiden Frauen könnte aber auch auf eine weitere Nutzung von Cannabishindeuten: als Schmerzmittel.
DAMALS-Themenheft zu den Wikingern
Die aktuelle Ausgabe des Geschichtsmagazins DAMALS (09-2022) enthält mehrere Kapitel zu den Wikingern mit Beiträgen von Rudolf Simek, Volker Hilberg, Dirk H. Steinforth, Alheydis Plassmann und mir. Die einzelnen Kapitel beschäftigen sich mit dem Mythos Wikinger (Simek/Toplak), den Raubzügen nach England und in das Frankenreich (Steinforth/Plassmann) und Haithabu als zentralem Platz der wikingerzeitlichen Welt (Hilberg).
Das aktuelle Heft lästs sich >hier< bestellen.
Reportage zu den Wikingern in ‚National Geographic History‘
In der ersten 'National Geographic History' von diesem Jahr (01/2021) findet sich eine lange Titelreportage zu den Wikingern mit einem Interview mit mir.
Beendet! Verlosung – ‚Die Wikinger. Seeräuber und Krieger im Licht der Archäologie‘ !
Liebe Wikingerbegeisterte,
seit Ende letzten Monats ist das neueste von mir herausgegebene Buch zu den Wikingern erhältlich. 'Die Wikinger. Seeräuber und Krieger im Licht der Archäologie', erschienen als Sonderheft der Archäologie in Deutschland und als gebundenes Buch bei WBG, widmet sich der kriegerischen Seite der Wikinger.
Die richtige Antwort lautet natürlich 'Lindisfarne'. Vielen herzlichen Dank für die vielen Antworten!
Nachtrag zu einigen künstlerischen Darstellungen im aktuellen Sonderheft ‚Die Wikinger‘
In dem jüngst von mir herausgegebenen Sonderheft 'Die Wikinger. Seeräuber und Krieger im Licht der Archäologie' der 'Archäologie in Deutschland' haben wir einige der ebenso ein- wie ausdrucksvollen Rekonstruktionszeichnungen des dänischen Künstlers Flemming Bau verwendet. Leider ist dabei nicht vermerkt worden, dass einzelne Abbildungen ursprünglich für die monumentale Auswertung des Fundmateriales von Haithabu durch Prof. Dr. Kurt Schietzel 'Spurensuche Haithabu. Archäologische Spurensuche in der frühmittelalterlichen Ansiedlung Haithabu : Dokumentation und Chronik 1963-2013' angefertigt wurden.
Es ist mir jedoch ein besonders wichtiges Anliegen, darauf hinzuweisen, dass diese Zeichnungen – wie bspw. die Transportszene auf S. 80 –, die das Buch 'Spurensuche Haithabu' so anschaulich machen, nach den Ideen von Prof. Schietzel enstanden sind.
Populärwissenschaftliche Artikel online
Unter Publikationen ist nun eine Reihe von populärwissenschaftlichen Artikel aus der 'Archäologie in Deutschland' als pdf abrufbar, bspw. zu der Etablierung der Kiewer Rus oder der Kolonialisierung Grönlands, Frauen und Waffensymbolen, zu Tattoos und anderen Körpermodifikationen oder zu Katzen in der Wikingerzeit.
Neues Wikingerbuch veröffentlicht
Seit gestern ist das neue Sonderheft der Archäologie in Deutschland zu Krieg und Gewalt in der Wikingerzeit als Paperback erhältlich, die gebundene Ausgabe folgt nächste Woche.
Ich bin enorm glücklich über das tolle Ergebnis! Das Heft – so man das bei fast 140 Seiten und etwa 1,5 cm Stärke überhaupt so nennen darf – enthält zwei Dutzend spannende und interessante Texten zu unterschiedlichsten Aspekten von Krieg und Gewalt in der Wikingerzeit von einem Dutzend Wissenschaftlern und über 100 Illustrationen.
Es war toll, neben einigen altbekannten Freunden und Bekannten auch mit neuen Kollegen zusammenarbeiten zu können und deren Forschungen präsentieren zu dürfen!
Ich bedanke mich daher ganz herzlich bei allen Beteiligten, besonders bei den Autoren – Klas Wikström af Edholm, Leszek Gardeła, Kamil Kajkowski, Thorsten Lemm, Kerstin Odebäck, Sigmund Oehrl, Ben Raffield, Tobias Schade, Rudolf Simek, Dirk H. Steinforth und Sixt Wetzler – sowie bei der Redaktion der Archäologie in Deutschland und der WBG, ganz besonders bei Annine Fuchs und Holger Kieburg für die großartige Unterstützung und das Engagement!