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“…und dunkel sind die Tage” – oder: Was taten die Menschen in der Wikingerzeit an langen Winterabenden?

Die Winter sind lang und dunkel in Nordeuropa. In der Wikingerzeit waren die Wintermonate für viele Menschen eine harte, entbehrungsreiche und vermutlich auch langweilige Zeit. Es war kalt und feucht und man musste Mensch und Vieh mit den in Sommer und Herbst angelegten Vorräten durchbringen. Waren die langen Tage im Sommer von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang voller Arbeiten, ruhte das Leben auf dem Hof im Winter fast völlig. Man ging in den wenigen hellen Stunden auf die Jagd, ansonsten hielten sich die Menschen so weit es ging in den Häusern auf. Bei Schnee und Eis waren weder Ackerbau noch andere Arbeiten im Freien auf dem Hof möglich und das Vieh, das im Herbst nicht geschlachtet worden war, war im Stall. In den nur spärlich durch das Herdfeuer und kleine Talglampen beleuchteten dunklen Häusern war auch Handwerk und Handarbeit nur eingeschränkt möglich. Während man im Sommer am Ende eines anstrengenden Arbeitstages vermutlich erschöpft auf die Schlafstelle fiel, saß man nun den ganzen Tag mit Familie und Gesinde am Herdfeuer und musste sich beschäftigen. Sicherlich geht die Vorliebe der wikingerzeitlichen Menschen, selbst profanste Alltagsgegenstände wie Löffel oder Messergriffe aufwändig mit geschnitzten Mustern zu verzieren auf diese langen, dunklen Wintertage zurück.

Vor allem aber haben wir dem nordischen Winter einen einzigartigen Schatz zu verdanken: die altnordische Sagaliteratur mit ihrer Fülle an ebenso spannenden wie lebendigen Geschichten über Könige und Skalden, Helden und Bauern der Wikingerzeit. Diese Sagas – ob auf reale historische Ereignisse zurückgehend oder erfundene Geschichten abenteuerlicher Reisen – wurden zur Unterhaltung, vielleicht aber auch als belehrende oder mahnende Beispiel, von einer Generation an die nächste weitergegeben. Ob die uns heute bekannten altnordischen Sagas so auch schon in der Wikingerzeit erzählt wurden oder ob sie literarische Neuschöpfungen des 13./14. Jh. sind, lässt sich nicht mehr sicher sagen. Ihr Kern – die Freude an Erzählungen über heroische Kriegern, wortgewandte Skalden oder gewitzte Bauernjungen – geht aber ganz sicher auf die Wikingerzeit zurück. Und mit Sicherheit wurden solche Sagas auch an den Herdfeuern in Haithabu erzählt.